Silvesterangst
Alle Jahre wieder kommt der Silvesterkrach. Und mit ihm bei vielen Tieren die Angst.Wie kann diese Angst überhaupt entstehen und wie kann man seinem Tier helfen?
Wie entsteht Angstverhalten?
Der Grundstein einer Geräuschphobie kann bereits im Welpenalter während der Sozialisation gelegt werden. Beim Hund sind dabei die ersten 14 Wochen bei der Katze die ersten 7 Wochen auschlaggebend. In dieser Zeit erlernen die Welpen die grundlegenden Regeln für den Umgang mit anderen Lebewesen und gewöhnen sich an die Reize der Umwelt. Wächst ein Welpe recht reizarm auf ohne viel Kontakt zu anderen Tieren, Menschen oder Umwelteinflüssen, fällt es dem Tier im Erwachsenenalter schwerer, sich an solche Situationen wie z.B. Lärm zu gewöhnen. Es bildet sich eine Verhaltensmuster aus: Bekanntes ist ungefährlich, neues erzeugt Unbehagen oder gar Angst. Eine Geräuschphobie kann dann entstehen, wenn sich das Tier vor einem lauten Geräusch erschrickt und dieses mit Angst verbindet.
Auch bekannte Geräusche können zu solch einer Situation führen, die Geräuschtoleranz kann sich im Laufe der Lebens verändern.Auch genetische Veranlagung kann dazu beitragen, dass sich eine Geräuschangst entwickelt. Einige Hütehunderassen wie der Border Collie und Bearded Collie sind prädisponiert dafür.
Eine Geräuschphobie wird in der Regel immer schlimmer. Dabei spielt die Lernerfahrung des Tieres eine Rolle (Angst vor der Angst). Der Besitzer nimmt in der Angstverstärkung auch eine große Rolle ein. Der gutgemeinte Trost, der dem Tier gespendet wird, sorgt für eine positive Verstärkung im Angstverhalten des Tieres. Das Tier fühlt sich in seinem Verhalten bestätigt , wenn es mit seiner Angst die Aufmerksamkeit seines Besitzers erregt.
Vermutlich sind es an Silvester nicht nur die Geräusche, die Angst auslösen. Auch schussfeste Hunde oder solche, die sich nicht bei Gewitter ängstigen, können an Silvester Panik haben. Der Grund liegt darin, dass an Silvester Lichtreize, Geruchsreize zu dem Lärm hinzukommen und somit eine Reizüberflutung verursachen.
Therapiemaßnahmen
Es gibt sowohl verhaltenstherapeutische als auch medikamentöse Ansätze, um die Angst zu lindern oder zu nehmen. Sie werden sowohl einzeln als auch idealerweise in Kombination angewendet.
Verhaltenstherapeutische Maßnahmen
Desensibilisierung
Das Ziel ist, die Toleranz gegenüber dem angstauslösendem Geräusch zu vergrößern. Gut eignet sich dafür eine CD mit Silvestergeräuschen. Man startet mit kurzen und noch leisen Sequenzen. Die Geräusche werden in kleinen Stufen hochreguliert. Gleichzeitig bietet man dem Tier Futter an. Solange das Tier während der Geräuschkulisse frisst, signalisiert es weitgehend Stressfreiheit und der Lautstärke darf zunehmen. Somit möchte man die Verknüpfung Lärm und Angst auflösen und in eine positive Verknüpfung verwandeln.
Besitzerverhalten
Verhalten Sie sich so normal wie möglich. Nervosität des Besitzers überträgt sich auf das Tier. Jedes Beruhigen wird vom Hund als Lob verstanden und verstärkt sein Angstverhalten. Geben Sie Ihrem Tier sowohl die Möglichkeit, bei Ihnen zu sein als auch sich zurück ziehen zu können. Dazu sollten Rückzugsmöglichkeiten angeboten werden. Hunde- bzw. Katzenboxen mit Dach eignen sich wegen des Höhlencharakters gut. Katzen ziehen sich meist in Kratzbaumhöhlen, unter Decken oder unter/hinter Möbel zurück. Um die Lichtreize auszublenden, werden die Rolläden am besten heruntergezogen, vorhandene Gardinen geschlossen. Das Anschalten eines Radios bzw. Fernsehgerätes stellt ggf. einen gewohnten Gegenreiz dar.
Spaziergänge am Silvesterabend sollten kurz und bis spätestens 20 Uhr stattfinden. Beim Hund ist dabei Leinenführung wichtig , damit er in einer Panikreaktion nicht kopflos davonrennen kann. Katzen , die ansonsten Freigang genießen, sollten ausnahmsweise auch wegen der Verletzungsgefahr zu Hause bleiben .
Das Wichtigste aber ist ein souveräner Tierhalter, der sich unbekümmert verhält und seinen Alltagsverrichtungen nachgeht, anstatt seine Aufmerksamkeit der Angst des Tieres zu widmen.
Kurzfassung : Tipps für den Umgang mit ängstlichen Tieren an Silvester
- Kurze Spaziergänge bis spätestens 20 Uhr
- Kein beruhigendes Einreden auf den ängstlichen Vierbeiner, dadurch verschlimmert sich die Angst
- Rückzugsmöglichkeiten bieten, das Tier soll sich den Raum aussuchen dürfen, in den es sich
- zurückziehen möchte
- Hunde- bzw. Katzenbox
- Rollläden herunterlassen und Gardinen zuziehen
- Radio bzw. Fernsehen anmachen
- Wichtig: Bleiben sie als Tierhalter souverän!
Medikamentöse Maßnahmen
- Caseinhydrolysat: Zylkene, Nahrungsergänzungsmittel, es arbeitet wie ein Benzodiazepin ist aber ohne Nebenwirkungen,
mindestens 2 Tage vor dem Ereignis muss mit der Eingabe begonnen werden - Monoaminooxidase-Hemmer (MAO-Hemmer): Selgian ,seine angstlösende Wirkung ist unter Umständen nicht ausreichend
- Tryptophan: Relaxan, Royal Canin Calm, Sedarom direkt..: Tryptophan ist eine essenzielle Aminosäure, es gibt verschiedene Präparate, daher Beginn der Eingabe 2 Tage bis 4 Wochen vorher, je nach Produkt
- Pheromone: D.A.P. bzw. Feliway, synthetische Beruhigungspheromone sind den natürlicherweise in den Talgdrüsen des Gesäuges produzierten Pheromonen nachempfunden. In der Verhaltenstherapie eignet sich ihr Einsatz unterstützend bei Unsicherheit und Angst. Verabreichung 2 bis 3 Wochen vor dem Ereignis
- Phenothiazinderivate: Von dem Einsatz Vetranquil oder Sedalin ist abzuraten. Die Tiere erscheinen zwar äußerlich ruhig , jedoch werden alle Formen der Reize wahrgenommen. Durch die starke Sedation sind sie in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt und können somit nicht angemessen reagieren, z.B. mit Flucht- oder Rückzugsverhalten. Dieser Umstand hat zur Folge, dass sich die Angst nach jeder Behandlung verschlimmert.
- Benzodiazepine: Diazepam, stark angstlösende und nur gering sedierende Wirkung, muss sehr individuell dosiert werden,
Die Wirkung tritt schnell ein, es braucht keinen wochenlangen Vorlauf - Trizyklische Antidepressiva: Clomipramin, wird bei Angstproblemen eingesetzt, vier Wochen lang vor dem Ereignis muss mit der Eingabe begonnen werden
- Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer: Fluoxetin , wird bei Angstproblemen eingesetzt ,drei Wochen lang vor dem Ereignis muss mit der Eingabe begonnen werden